Passivmembran im Selbstbau

Anstatt eines Baßreflexkanals können wir auch eine Passivmembrane verwenden. Diese entspricht einem Treiber ohne Antrieb. Die Masse der Membran ist durch Anbringung von Gewichten veränderbar.

Die Masse der Passivmembran ist das Äquivalent zur Rohrlänge des Baßreflexkanals, d.h. die Abstimmung der Gehäuse-Resonanzfrequenz erfolgt durch Veränderung des Gewichts der Passivmembran.

Der Einsatz einer Passivmembran bietet sich bei Gehäuseabstimmungen an, bei denen ein adäquat dimensioniertes Rohr einfach nicht in das Gehäuse passen will, weil es entweder einen zu kleinen Durchmesser oder eine zu große Länge haben müßte.

Wenn wir eine Passivmembran einsetzen wollen, dann haben wir oft das Problem, daß die benötigte Membran entweder zu teuer oder für den beabsichtigten Zweck nicht passend ist. DAYTON bietet z.B. preiswerte Passivmembranen an, die aber für kleine Gehäuse, aufgrund ihrer zu hohen Grundmasse, nicht geeignet sind. SEAS liefert auch für kleine Gehäuse verwendbare Membranen, aber diese sind ziemlich hoch bepreist.

Da eine Passivmembrane lediglich einen antrieblosen Treiber darstellt haben wir im Selbstbau die freie Auswahl. Wir können jeden Treiber zur Passivmembran umbauen. Wir achten hier nur darauf, daß die potentielle Passivmembran die ein- bis zweifache Membranfläche des Baßlautsprechers hat.

Zum Umbau zur Passivmembran eignen sich auch billige Treiber aus der "Grabbelkiste", deren Thiele-/Small-Parameter (z.B. zu hohe Gesamt-Güte Qts oder zu hohes Vergleichsvolumen Vas) die vernünftige Verwendung in Lautsprecherboxen ansonsten wirksam verhindern. Sogar "an Überlastung gestorbene" Treiber mit durchgebrannter und kratzender Schwingspule können wir verwenden.

Intakt sein müssen:

  • Korb,
  • Sicke,
  • Membran und
  • Zentrierspinne.

Im folgenden sehen wir den Bau und den Einsatz einer Passivmembran anhand eines praktischen Beispiels.

 

Das gewünschte Endergebnis

In die Box bauen wir anstatt eines Baßreflexkanals eine Passivmembran ein. Obige Bilder zeigen eine MITA II im Testgehäuse.

Da, entgegen der landläufigen Meinung, auch Passivmembranen unerwünschten Mittel- und Hochtonanteilen den Weg nach draußen nicht verwehren, ist die Boxenrückseite der richtige Einbauort.

 

Der Schlachttreiber

Die Passivmembran bauen wir, indem wir ein normales Chassis seines Antriebs berauben.

 

Vorbereitungen

Wir entfernen das Anschlußterminal und die Schwingspulenzuleitungen.

Wir dichten alles unterhalb der Zentrierspinne mit Paketklebeband ab. Dann müssen wir später nicht so viel putzen.

 

Magnet entfernen - 1. Schritt

Den Magneten entfernen wir mit dem Dremel. Dazu trennen wir den Korb kurz oberhalb der Zentrierspinne ab. Zunächst lassen wir an jedem Steg einige Millimeter stehen, damit sich der Magnet nicht mit der Schwingspule verkantet.

 

Magnet entfernen - 2. Schritt

Wir trennen die verbliebenen Millimeter an allen Stegen ab, während wir mit einer Hand den Magneten halten.

 

Das staubige Ergebnis unserer Bemühungen

Jetzt reinigen wir unsere neu gebaute Passivmembran und entfernen das Klebeband.

 

Passivmembran im Grundausbau

Gereinigt sieht das schon besser aus.

 

Wiegen

Wir wiegen das Chassis auf einer geeigneten Waage. Geeignet sind bei kleinen Chassis Küchenwaagen, da diese nach Entfernung des Magneten sehr leicht sind. Das Ergebnis schreiben wir mit permanentem Filzstift auf die Rückseite des Korbs.

 

Erste Messung und Berechnung des Grundgewichts

Wir bauen unsere Passivmembran in das Gehäuse ein und machen die erste Impedanz-Messung.

Wenn wir noch nicht über Mess-Equipment verfügen, dann sehen wir uns ARTA an. Entgegen der Beschreibung auf dieser Seite werden für Impedanzmessungen lediglich ein einfach zu lötendes Kabel und ein Widerstand benötigt. Da sind wir mit einem einstelligen Euro-Betrag dabei.

Mit Hilfe der Excel-Datei berechnen wir das Äquivalent zu dieser Messung. Dazu benötigen wir das Volumen des Gehäuses, die Membranfläche unserer Passivmembran und die Resonanzfrequenz (die Frequenz am tiefsten Punkt der Senke zwischen den beiden Impedanzspitzen) aus obiger Messung.

Als Ergebnis erhalten wir 13,05 Gramm Dieses Ergebnis notieren wir. Angenommen wir benötigen eine Abstimmfrequenz von 46 Herz, dann tragen wir diese in die Excel-Datei ein und erhalten 41,65 Gramm.

Wir subtrahieren das zuvor notierte Ergebnis: 41,65 - 13,05 = 28,6 Gramm.

Die der Excel-Datei zugrunde liegende Formel ist eine "Schätzformel", d.h. diese unterliegt einer gewissen Unschärfe, da die Nachgiebigkeit der Membraneinspannung nicht eingeht. Zur Sicherheit legen wir deshalb das Grundgewicht unserer Passivmembran etwas geringer aus, als es uns das Rechenergebnis empfiehlt. Wir bauen demnach ein Grundgewicht, das leichter als 28,6 Gramm ist.

 

Das Grundgewicht

Hier sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Im Baumarkt gibt es Rundhölzer verschiedenster Durchmesser, aber Nachmessen vor dem Kauf ist immer angeraten, denn gerade Holz unterliegt Toleranzen. Ich baute mein Grundgewicht aus dem Abschnitt eines Besenstils, den ich durchbohrte und eine Senkung für die rückseitigen Muttern anbrachte. Einen Gewindestangenabschnitt versah ich auf der einen Seite mit zwei gekonterten Muttern, steckte diesen durch das Holz und montierte auf der anderen Seite eine Unterlegscheibe und eine Mutter. Durch das Anziehen der Mutter zogen sich die gegenseitig gekonterten Muttern in die Senkung im Holz. Es kann auch nichts schaden, die Muttern mittels Schraubensicherung (Loctite oder einfach Sekundenkleber) dauerhaft am Aufdrehen zu hindern.

 

Befestigung des Grundgewichts an der Passivmembran

Das Grundgewicht kleben wir mit Heisskleber in die Schwingspule ein.

 

Tuning der Passivmembran auf die Abstimmfrequenz

Wir bringen weitere Unterlegscheiben am Grundgewicht an, bis die Passivmembran insgesamt 135 + 28,6 = 163,6 Gramm wiegt. Auf die Dezimalen kommt es nicht an, da wir die korrekte Abstimmfrequenz sowieso durch mehrere Impedanzmessungen und verschiedene Gewichte feinjustieren müssen. Alternativ können wir auch die Passivmembran verkehrt herum in das Gehäuse einbauen und die Abstimmung durch Anbringen von Scheiben und Messungen erreichen.

Mit einem Baßreflexkanal würden wir diese Abstimmfrequenz in einem solch kleinen Gehäuse nicht erreichen, denn ein 4,5 Zentimeter durchmessender Kanal müßte 24 cm lang sein.

 

Entzerrung mittels DSP

Obige Abstimmung ergibt eine tiefe Resonanzfrequenz, aber einen frühen Bassabfall. Diesen können wir, akustische Messmittel und einen DSP vorausgesetzt, elektrisch korrigieren und dadurch der kleinen Box richtig tiefe Töne entlocken.

Im linken Diagramm bezeichnet die hellblaue Kurve den Frequenzgang der Box ohne Entzerrung. Die dunkelblaue Kurve zeigt den Frequenzgang unter Einbezug der Entzerrung: -3 dB @ 40 Hz aus einem 8 - Liter-Gehäuse sind eine Ansage! Die grüne Kurve zeigt den durch die Entzerrung zugeführten Frequenzgang.

Das rechte Diagramm zeigt den Frequenzgang der Baßreflexvariante zum Vergleich.

 

Fazit

Durch den Einsatz einer Passivmembran anstatt eines Baßreflexkanals können wir unter Einbezug einer elektronischen Entzerrung auch kleinen Boxen richtig tiefe Töne entlocken. Da es, wie im wahren Leben, auch hier nichts umsonst gibt, geht das auf Kosten des erreichbaren Maximalpegels. In diesem Fall (Lautsprecher für den Schreibtisch) spielt der Maximalpegel aber eine eher untergeordnete Rolle, da wir maximal einen Meter von den Boxen entfernt sitzen.

Der Einsatz einer Passivmembran bietet sich auch bei speziellen Subwoofer-Treibern an, deren Thiele-/Small-Parameter zu verhältnismäßig kleinen Gehäusen führen, in die ein adäquat dimensionierter Baßreflexkanal einfach nicht hineinpassen will. Hier machen wir uns, aufgrund der auftretenden Kräfte, ausführlichere Gedanken über die Befestigung des Gewichts an der Membran.